Berlin (AA) – Na endlich. Verkehrsminister Alexander Dobrindts längst totgeglaubtes liebstes Kind erblickte das Licht der Welt. Die PKW-Maut auf bundesdeutschen Straßen kommt wie das Amen in der Kirche. Die Regierungskoalition einigte sich auf das Ungetüm Infrastrukturabgabegesetz. Dass das nicht widerspruchsfrei über die Bühne ging, war klar. Vor allem aus den Nachbarländern hagelte es heftige Proteste für die, nach deren Meinung, willkürliche Wegelagerei. Wer da nun den Splitter und wer den Balken im Auge hat – schließlich kassiert jedes Land gerne bei allem was sich in dessen öffentlichem Wegenetz bewegt ab – den lassen wir einfach mal dahingestellt und fragen nach, wie’s denn gehen soll.
Und da scheint man sich innerhalb von Verkehrsressort, Regierungsparteien, Wirtschaftsvertretern, Lobbyverbänden, kurzum allen, die da meinen sie könnten irgendwie mit quaken, so gar nicht einer Meinung zu sein. Getreu dem Motto „Jedem das seine und mir das allermeiste“, wird zwar oberhalb des Verhandlungstisches solidarisch gelächelt, unterm Tisch setzt es doch eine Menge blaue Flecken auf die Schienbeine der Verhandlungspartner. Tja so sind sie, die Interessenvertreter. Aber dennoch eint sie alle ihr Desinteresse an den Interessen der Anderen. Und schlussendlich gibt es ja immer noch einen Verlierer, der nichts am Verhandlungstisch zu suchen hat: Den Autofahrer. Egal, ob der jetzt in- oder ausländisch daher rollt.
Um die Wagenlenker nun so maßvoll wie möglich zu schröpfen, ist man auf eine besonders schlaue Idee gekommen: Wer überholt, der zahlt. Will heißen, begibt sich jemand zum Überholen auf die linke Spur, so wird das mithilfe der inzwischen sehr ausgefeilten Technik erfasst und berechnet. Dazu nutzt man die bereits vorhandenen Mautbrücken, in den Asphalt eingelassene Induktionsschleifen und als Clou, einen ins Fahrzeug fest eingebauten Transponder mit inkludiertem GPS. Im Zusammenspiel der Systeme kann so haargenau festgehalten werden, wer wie lange auf der linken Spur dahinbrettert.
Weil die Überholspur meistens von den PS-starken Autos der höheren Einkommensklassen genutzt wird, trifft die Zahllast auch keine Armen. Diejenigen mit wenig Geld werden gleichzeitig umso stärker angehalten, die ihnen zustehende Position, zusammen mit den Lastwagen, einzuhalten. Ein simpler Trick, der zu mehr Gerechtigkeit auf Deutschlands Straßen führt. Und wenn man mal so richtig Lust hat auf’s Gaspedal zu treten und den entsprechenden Geldbeutel dazu hat, dann darf man das mit permanent Linksfahren auch tun.
Um das Tüpfelchen auf das i zu setzen, plant Verkehrsminister Alexander Dobrindt die Überholspur zusätzlich zu privatisieren. Geschickt lagert er so Technik, Straßenbau und -pflege sowie sämtliche Modalitäten der Abrechnung an private Unternehmen aus. Gleichzeitig lässt er sich einen genau definierten Batzen Geldes auf das Konto seines Ressorts überweisen.
So erhalten die, die Freude am Fahren haben, dank Vorsprung durch Technik für das Auto das Beste oder Nichts im heißgeliebten Töfftöff: Sowohl Lust als auch Last. Wie sich’s gehört. Unschlüssig ist man sich allerdings bei Autobahnen mit mehr als zwei Spuren, wie man mit den mittleren Fahrbahnen verfährt. Bleiben die dann auch abgabenfrei oder was macht man damit? Eine Idee wäre: Abhängig davon, wie klamm die Kasse gerade ist, Gebühren zu erheben oder eben nicht.