Leverkusen (AA) – Lotte ach Lotte, was tatest du nur? Hast Bayer 04 Leverkusen mal wieder auf den nackten Hintern der Tatsachen gesetzt. Nach dem bitteren Pokalaus gegen die Sportfreunde aus Lotte heißt es wieder mal für die Werkself einen Scherbenhaufen aufzukehren. Ja ja, der Pokal hat seine eigenen Gesetze (wie alt ist denn der Spruch schon wieder?) und Leverkusen ist nicht der erste Erstligist der von einem unterklassigen Verein aus dem Bewerb gebolzt wird. Aber ausgerechnet wieder mal Leverkusen? Moment, da war doch was? Stimmt. Und zwar schon immer! Oder fast immer! Was das Aufkehren von Scherbenhaufen betrifft, ist Bayer 04 der Meister aller Besen.
Es wäre leichtfertig von einem Fluch zu sprechen. Nein, Fluch trifft das ewige Scheitern nicht wirklich. Da sind keine höheren Mächte, die das Spiel der Werkself kraft Magie beeinflussen. Dafür wäre Leverkusen viel zu überschätzt. Leverkusen braucht nicht verflucht zu werden. Wozu auch? Welcher Hexenmeister hätte bitteschön nötig, Leverkusen zu verfluchen?
Mal vom Pokalsieg 1993 und dem Gewinn des UEFA-Pokals 1993 abgesehen, verstand es Bayer 04 Leverkusen stets meisterlich, im entscheidenden Moment dem Gegner großzügig den Vortritt zu lassen und nicht Meister zu werden. Ging’s spitz auf Knopf konnte man darauf wetten, dass Leverkusen vergeigt. Nun ja, es wollte eh keiner wetten: Schlechte Quote. Verständlich, dass die Werkself zur Zielscheibe für Hohn und Spott wurde: National “Vizekusen”, international “Neverkusen”. Nein, nicht wahr. Hohn und Spott kommen beißend daher. “Mildes Belächeln” trifft viel eher den Kopf auf den Nagel.
Eine Zeitlang erntete eine beherzt kämpfenden Mannschaft ja immer noch Mitleid, der man auch sicher irgendwann eine Meisterschaft oder einen Finalsieg in einem europäischen Wettbewerb zutraute. Dann war da die Niederlage im Finale der Champions League 2002 gegen Real Madrid. Von da an ging’s langsam aber stetig bergab. Die Jahre gingen ins Land. Das Zutrauen ließ nach und das Mitleid verflog. Trainerentlassung folgte Trainerentlassung. Die Ränge zwei bis acht wurden zum chronischen Symptom. Die Hoffnung auf einen Titel verblasste. Egal welcher Trainer das Team gerade therapierte. Die graue Maus mutierte mehr und mehr zur grauen Maus.
Da macht es auch keinen Sinn den dauerenttäuschten Rudi Völler zu trösten. Die grauen Haare hatte Tante Käthe zwar lange bevor er bei Leverkusen anheuerte, Aber wenn die Haare eh schon grau sind, kann man sie sich vor Gram immer noch ausreißen. Die lichten Stellen im ehedem dichten Gewölle lassen durchaus diesbezügliche Vermutungen aufkommen. Am Trainer hält man fest, obwohl man bei Roger Schmidt nach den jüngsten eigenwilligen Aussetzern vermuten könnte, dass das eine oder andere Schräublein locker und das Scharnier einer losen Klappe unter dem dünnen Haupthaar versteckt rostig vor sich hinquietscht. Trotzdem bleibt in Leverkusen immer noch “alles Rodscha.”
Vielleicht war’s ja gar kein Fluch? Vielleicht war’s der unbedarfte Satz des besten Spielers den das Team je hatte, Michael Ballack: “Keiner verliert ungern!” Der Satz hat dem Fußballgott wohl so gut gefallen, dass er ihn als Wahlspruch auf ewig den Leverkusenern unter die Haut brannte. Also doch ein Fluch, wenn man so will.
Heute spielt Wolfsburg gegen Leverkusen. Noch so ein Team mit dem Unwillen zum Sieg. Mal sehen, wer da wohl wen gewinnen lässt.